Wie die iX Mitte September berichtete und Strafverteidiger Udo Vetter vom law blog heute kritisierte plant die Bundesregierung einen neuen, vermeintlich sicheren und noch vermeintlicher vertrauenswürdigen E-Mail-Dienst. Der "De-Mail" genannte Bundesmaildienst solle sogar digitale Einschreiben ermöglichen, berichtet onlinekosten.de. (Ich bin gespannt, wie das funktionieren soll, wenn der Empfänger z.B. gerade PC-Probleme hat.)
Um den Dienst gibt es bereits Streit, der Provider Strato ist aus dem Projekt ausgestiegen. Grund: die "informationstechnologische Monostruktur" und eine vom BSI verweigerte Zertifizierung.
Hier einige Gründe, warum dieser Dienst grober Unfug ist und scheitern wird:
• Der Dienst ist zentralistisch. Das ist schlecht für die Verfügbarkeit und extrem schlecht für die Sicherheit.
• Der Bundestrojaner.
• Eigentümliche Vorstellungen von Sicherheit der Regierung und bei manchem Mitarbeiter des BSI.
• Juristen werden viel zu sagen haben.
• Wenn Daten verloren gehen, ist der Schaden gigantisch.
• Der Dienst wird zentrales Ziel für Industriespione jeder Nationalität.
• Der Dienst ist ein weiteres Prestigeprojekt der Bundesrepublik. Und wie immer wird er uns Prestige kosten. Und Geld. Und Sicherheit.
• Die Deutschen vertrauen ob zahlreicher Datenskandale der Telekom nicht mehr und werden den Dienst nicht nutzen.
• Die Deutschen vertrauen ihrem Staat nicht mehr und werden den Dienst nicht nutzen.
Letzteres ist das Hauptproblem und Killerargument schlechthin. Denn die Entscheidung darüber, was privat und vertraulich ist, obliegt durch diesen Dienst dem Staat.
Unabhängig von der politischen Meinung muss jedermann klar sein, dass staatliche Organe vollen Zugriff auf die Postfächer haben werden. Man wird "im Vorfeld tätig" werden wollen, um Verbrechen zu verhindern, und vielleicht sogar Urheberrechtsverletzungen und Sozialbetrug verfolgen. (Vielleicht verraten die vielen Liebesbriefchen ja, ob jemand doch nicht allein lebt...?)
Man bedenke: Selbst das heilige Bankgeheimnis deutscher Nationen wurde abgeschafft.
Das bedeutet konkret: Im Gegensatz zu einem privatwirtschaftlichen Provider, der kein solches Interesse hat, wird der Staat freimütig zugreifen und entscheiden, welche Daten er für privat und sensibel hält. Und damit wird er auch entscheiden, ob der Bürger etwas zu verbergen hat. Und an wilden Fantasien und Paranoia mangelt es offensichtlich nicht.
Dadurch ist der Dienst sowohl für geschäftliche, private und Behördenkommunikation unbrauchbar und man kann aus sicherheitstechnischer Sicht nur dringend davon abraten, ihn zu nutzen.
Aber vielleicht kann man damit ja endlich mal große Dateianhänge verschicken...
Thursday, 9. October 2008
De-Mail derailed - der Bundesmaildienst entgleist
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