Die IP-Adressen des Bundesnachrichtendienstes waren echt. Nach der Veröffentlichung auf Wikileaks hätte es einfach still bleiben können. Oder eine Firma, auch eine Tarnfirma des BND, hätte darauf hinweisen können, dass es ihre Adressen seien. Beides hätte zwar Raum für Spekulationen gelassen, aber eben nur den.
Stattdessen aber richtete sich das
Computer Emergency Response Team (CERT) von T-Systems mit der
Bitte an Wikileaks, das entsprechende Dokument zu entfernen, was nicht nur einer geradezu amtlichen
Bestätigung der Echtheit gleichkommt, sondern auch noch
absolut peinlich ist.
Erstens ist Wikileaks gerade eine Einrichtung, die bewusst zur ununterdrückbaren Veröffentlichung von Informationen, also
gegen Zensur betrieben wird. Zweitens
lassen sich Informationen bekanntlich so gut aus dem Internet zurückholen, wie Urin aus einem Swimmingpool.
Eigentlich könnte der BND darauf pfeifen, ob seine statischen IP-Adressen bekannt sind oder nicht. Davon, dass fremde Dienste die Adressen kennen, muss man sowieso ausgehen. Und für verdeckte Recherchen gibt es schließlich Anonymisierungsdienste wie das
TOR-Netzwerk, dass sich hervorragend für nachrichtendienstliche Arbeit eignen dürfte.
Dennoch wurden seitens T-Systems hektisch Änderungen am Adresspool der geheimsten aller deutschen Behörden vorgenommen. Wikileaks schreibt in einem Artikel etwas reißerisch:
Zwischen Freitag Nacht und Sonntag morgen fand eine grossangelegte Säuberungsaktion beim Europäischen Internet Adressregister (RIPE) zur Entfernung von Details zum Bundesnachrichtendienst statt.
Die Säuberung folgt einer Enthüllung von mehr als zwei Dutzend verdeckter BND Netzwerke die durch T-Systems bereitgestellt wurden. Die Netzwerke waren einer nicht im Handelsregister registrierten Tarnfirma mittels eines Münchner Postfachs zugewiesen.
T-Systems bereinigte die RIPE Datenbank von allen Netzwerken die durch Wikileaks enthüllt wurden und verschob die Adressen in verschiedene grosse Adresspools um somit die Zuweisung zu anonymisieren. Die Pools geben ausser ihrer Zugehörigkeit zu T-Systems keine Auskunft über ihre interne Struktur.
Warum wurden überhaupt an einen Geheimdienst Adressbereiche vergeben, die "Aufschluss über die interne Struktur" gaben? Warum werden diese nun geändert? Dachte man etwa bisher, diese IP-Adressen seien ein schützbares Geheimnis?
Hinweise auf so eine Annahme gibt es durchaus. Da diverse Seitenbetreiber nun ihre alten Logfiles nach den Adressen durchsucht haben, sind allerlei Zugriffe bekannt geworden. Viele sind bedeutungslos, doch hat der BND offenbar das Netz automatisiert durchkämmt und hatte dabei die Technik nicht ganz unter Kontrolle:
(...) wie auch dem systematischen Durchkämmen des Internets zu Terrorismus-nahen Themen, wie dem Mordanschlag auf den Rebellenanführer Abu Musab Zarqawi im Irak. 2006 hatten sich hier zahlreiche Betreiber von Webseiten über ein ausser Kontrolle geratenes, automatisiertes Datamining ausgehend von den betreffenden Adressen beschwert.
Dass so etwas peinliches passiert, erklärt dann vielleicht auch den Rat des BNDs in seinen Stellenanzeigen:
Bitte behandeln Sie Ihre Bewerbung in Ihrem Umfeld ebenso diskret, wie Sie es von uns erwarten.