Wer sich nicht mehr an die (optisch) scheußlichen Anfangsjahre des Webs mit quitschbunten Farben und aggressiven Kontrasten erinnert, bekommt durch den
Geocities-izer einen ungefähren Eindruck, wie es war, als Anfänger ihr HTML noch mit Sekundenkleber zusammengehalten haben. Bis sich einfache Design-Grundlagen in der Breite durchgesetzt hatten, dauerte es Jahre. Jahre, in denen
helle Schrift auf dunklem Grund generell in Verruf geriet.
Vielleicht zu unrecht. Helle Farbschemata sind zwar leichter zu handhaben und bergen ein geringeres Risiko, das Auge des Betrachters zu beleidigen. Aber
Microsoft eine gewisse große Softwarefirma, die angeblich viel Usability-Forschung betreibt, ist beispielsweise zu kontrastärmeren Kombinationen übergegangen und nutzt einen blauen Hintergrund. Das Blog
philosecurity ist in Grautönen mit heller, zum Teil sogar gelber, Schrift gehalten. Der Webshop von
getDigital hat ebenfalls ein sehr dunkles Schema (jedoch hellen Hintergrund in den Produktbeschreibungen). Der
ColorScheme Designer ist selbst dunkel und hat eine Vorschaufunktion für helle und dunkle Seiten. In einem
c't-Artikel über Typografie im Web stand, weißer Text auf dunklem Grund durchaus seine Berechtigung haben. (Gründe gab der Autor aber nicht an. Vielleicht dachte er ja nur an Star-Trek-Fansites.)
Klar ist, dass für selbstleuchtende Medien durchaus andere Regeln gelten können als für Papier. Bildschirme sind oft brutal hell und strengen das Auge an. Menschen, die unter ausgeprägten Floaters (
Mouches volantes) leiden, haben tatsächlich
Vorteile von gelber oder weißer Schrift auf
grauem Grund, denn die dunklen Wölkchen, die im Auge herumschwimmen, nimmt man nur wahr, wenn man gegen einen hellen Hintergrund sieht. Andererseits sieht man auf einem überwiegend dunklen
Glare-Type-Display bei heller Umgebung nur noch Reflexionen.
Testweise habe ich vor ein paar Wochen in
kpdf weiße Schrift auf dunkelgrauem Grund eingestellt. Meine Konsolenfenster waren schon immer schwarz, und die Farben in Iceweasel (Thunderbird) habe ich mit
Mühe ebenfalls verändert.
Ergebnis:
Die "Leseerfahrung" ist nicht schlechter. (Eine stärkere Aussage wäre aufgrund dieses völlig unwissenschaftlichen Experiments unseriös.) Gerade bei PDF-Dokumenten scheint die Konzentration höher, das Auge weniger angestrengt. Vielleicht lohnt es sich auch für andere, das mal auszuprobieren.