Thilo hat das nicht verstanden und findet die "Diskussion auf Meta-Ebene" "unsensibel". Und er fragt:
Wieso gerade am Beispiel des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte eine Debatte um Redefreiheit führen?
Nun, man könnte natürlich auch über weniger dunkle Kapitel sprechen, aber da gibt es keine Verbote. Und § 130 StGB verbietet eben nur die Leugnung des Holocausts. Anderen Unsinn darf man hierzulande nach Herzenslust erzählen.
Der Blogger fukami schreibt passend dazu, nachdem er bemerkt hat, dass ihm spontan die Argumente gegen Revisionismus fehlten:
Meine Meinung zu den entsprechenden Strafgesetzen ist noch nicht so ganz ausgereift. Während Zündel und andere Spinner meinetwegen im Knast versauern können und ich nachvollziehen kann, dass die Opfer und deren Angehörige grossen Schmerz bei Äusserungen von derlei Rassisten empfinden, so glaube ich dennoch, dass wir uns der Verantwortung für das Andenken anders stellen müssen als durch das Strafrecht.
Der Artikel "Freiheit auch für Irre" bei netz-gegen-nazis.de bläst ins gleiche Horn und nennt ebenfalls Argumente gegen das Verbot:
Warum verhandelt ein deutsches Landgericht fünfzehn Monate lang gegen politisch fehlgeleitete Rentner oder wirre Rechtsanwälte? Beim Völkermord an den Juden handelt es sich schließlich um ein Staatsverbrechen, das durch zahllose Dokumente, Zeugenaussagen und Geständnisse belegt ist. Daran können Zündel und seine braunen Gesinnungsgenossen überhaupt nichts ändern.
(...)
Doch Urteile gegen Holocaust-Leugner wie Zündel werden die Neonazi-Bewegung nicht schwächen. Im Gegenteil - mit jedem Urteil hat sie einen Märtyrer mehr. Einen, der sich der vermeintlichen "jüdischen Weltverschwörung" entgegenstellt und der bereit ist, für diesen Wahn auch noch ins Gefängnis zu gehen. Im Kampf gegen Neonazis nämlich schaden solche Prozesse und Urteile mehr als sie nutzen.
Doch was noch schwerer wiegt: Sie unterhöhlen die durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützte Meinungsfreiheit. Dieses Recht, jede noch so abwegige These, aber auch jeden Unsinn und sogar schlimme Unwahrheit verbreiten zu dürfen, findet seine Einschränkung lediglich dort, wo konkrete Personen verunglimpft und Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Deshalb ist auch das Zitat "Soldaten sind Mörder" durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Weil dadurch eben keine konkrete Person benannt ist.
[Die Holocaust-Leugner] wollen die westlichen demokratischen Gesellschaften (...) vorführen und zeigen, dass die von ihnen hochgehaltenen Freiheitsrechte nur Heuchelei seien. Und sie wissen natürlich, dass sie Deutschland und den Westen beim Thema Holocaust an einer sehr empfindlichen Stelle treffen.
(...)
Das Bundesverfassungsgericht hat zwar entschieden, die Leugnung des Holocaust sei nicht durch Artikel 5 Grundgesetz gedeckt. Weil dies keine Meinungsäußerung sei, sondern eine Tatsachenbehauptung, die "erwiesen unwahr" sei. In den USA, in Kanada und auch Großbritannien hingegen wird dies anders gesehen - so unerträglich es auf den ersten Blick erscheinen mag.
(...)
Statt die deutsche Praxis zu exportieren, sollte man über ihr Ende nachdenken. Spätestens dann, wenn die letzten Überlebenden des Holocaust gestorben sind. Denn dann ist der Holocaust historisiert und seine Leugnung kein Fall mehr für den Schutz von Persönlichkeitsrechten.
Die unterschiedlichen Bewertungen in den USA und Deutschland beleuchtet der schon einmal verlinkte Artikel bei "USA Erklärt". Ich empfehle nochmals, ihn zu lesen.
Dass die Wissenschaft durch § 130 StGB behindert oder seine Abschaffung überbeschäftigt würde, muss man übrigens nicht fürchten. In der Wikipedia steht zu lesen, dass ein Teil der Wissenschaftler dazu übergegangen ist, sich nicht mehr mit den ohnehin erlogenen "Argumenten" auseinanderzusetzen, sondern mit dem Phänomen Holocaustleugung an sich.
Zum Abschluss noch eine Portion unlustige Nörgelblogger: FIXMBR wettert auf gewohnt niedrigem Niveau gegen die Piratenpartei, der die Bürgerrechte wichtiger sind als anderen Parteien, anstatt sinnvollerweise gegen Nazis.
(Und unter dem Artikel geht die Diskussion ab.)
Wikipedia:
Im Juli 2008 vertraten zwei ehemalige Verfassungsrichter, Wolfgang Hoffmann-Riem und Winfried Hassemer, beiläufig die Ansicht, die Ergänzung von §130 mit Absatz 3 und die darauf beruhende Rechtsprechung sei nicht geeignet, die Menschenwürde der Opfernachfahren zu schützen. Sie vergrößere unter Umständen eher die Aufmerksamkeit für rechtsextreme Propaganda vor Gerichten.
Rechtlicher Hinweis:
Auch ohne den 1994 neu eingeführten Absatz 3 war die zielgerichtete Leugnung des Holocausts bereits als Beleidigung strafbar.
http://www.tagesspiegel.de/politik/Holocaust-Verfassung;art771,2569138
http://www.tagesspiegel.de/politik/Holocaust-Leugnung;art771,2569673
ich habe Deinen Ansatz sehr wohl verstanden, denn darauf beruht meine Kritik. Du schreibst dazu "Nun, man könnte natürlich auch über weniger dunkle Kapitel sprechen, aber da gibt es keine Verbote." - In meinen Augen sieht das jetzt so aus, dass Du auf das Thema aufspringst, weil es so schön tabuisiert ist.
Im Endeffekt verteidigst Du jetzt aber unbedacht (& nehme an unbeabsichtigt) Bodos Holocaust-Leugnung. Du verhälst Dich also so wie ein Anwalt Bodos. Aber: Wieso machst Du Dich zum Anwalt seiner revisionistischen Thesen? Ich kann da nur den Kopf schütteln. Ich bin der Meinung, das es unwürdig ist zu versuchen am Holocaust ein Exempel zu statuieren, nur weil es da Verbote gibt. Und dann auch ausgerechnet zeitgleich und in direktem Zusammenhang zu einer Leugnung. Aus meiner Sicht hat jemand, der den Holocaust in einer Diskussion ganz offenbar nicht würdigt, auch keine Berechtigung damit exemplarhaft eine Diskussion zu führen.
Sorry [Realname entfernt], aber ich denke da schiesst Du über das Ziel hinaus und stellst Dich damit auch auf die Seite Bodos. Wärest Du sein Anwalt vor Gericht wäre das Dein Job - aber im Moment sehe ich die Herausforderung der PP darin erst einmal darin Bodos Tabubruch zu erkennen und zu verurteilen. Leider sind dort viele noch meilenweit vom Erkennen entfernt und insofern merkbefreit. Ich lehne in dem Zusammenhang jede weitere Meta-Diskussion ab. Ganz offenbar fehlt es da Dir und anderen in der PP an der nötigen Sensibilität. Schade.
Ich zähle im Wesentlichen auf. In diesem Artikel, dass gerade die Leute, die gegen § 130 (3) StGB sind, das für eine schlechte Verteidigung(!) gegen rechte Propaganda halten.
Die Sichtweisen zu kennen, kann einer Diskussion nur helfen. Für Bodo ist das überhaupt kein Schutz, seine Äußerungen sind auch ohne staatliche Sanktionierung inakzeptabel.
Warum man das in die Nähe der Verteidigung von revisionistischen Thesen stellen will, ist mir ein Rätsel.