Anlässlich des sonderbaren
WLAN-Urteils, über das ich
hier schrieb, fragt sich Mario Behling in seinem
Freifunkblog:
Inwieweit könnte dieses Urteil Freifunker betreffen? Persönlich schätze ich das so ein, dass wir davon nicht betroffen sind.
Nun ist Freifunk ja nicht gleichzusetzen mit freiem Internetzugang per WLAN, aber vermutlich sind Freifunker nicht mehr aber auch nicht weniger gefährdet. Richter mit eigenwilligen Sichtweisen auf die Technik gibt es überall, da muss halt noch viel Informationsarbeit geleistet werden. In dem Beitrag erwähnt Behling:
Bär, MMR 2005, 434, Bär nimmt die Haftung über §§ 88/89 i.V.m. § 148 TKG an und sagt auch, dass § 44 BDSG betroffen ist.
Ich dachte mir, die Paragraphen könnte man ja mal nachschlagen...
Also:
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§88 TKG ist das
Fernmeldegeheimnis und verpflichtet
Diensteanbieter zur Wahrung desselben. Ist ein WLAN-
Nutzer ein
Diensteanbieter? Nein. Der WLAN-
Betreiber aber möglicherweise schon,
§3 TKG Abs. 6 spricht von "geschäftsmäßigem" Betrieb, nicht zu verwechseln mit gewerblich oder "in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt". "Geschäftsmäßig" ist wohl schon der regelmäßige Betrieb.
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§89 TKG, Abhörverbot und Geheimhaltungspflicht:
Mit einer Funkanlage dürfen nur Nachrichten, die für den Betreiber der Funkanlage, Funkamateure im Sinne des Gesetzes über den Amateurfunk (...), die Allgemeinheit oder einen unbestimmten Personenkreis bestimmt sind, abgehört werden.
(Hervorhebung von mir.) Das Fernmeldegeheimnis ist verletzt, wenn man eine unverschlüsselte Nachricht auffängt und verwertet, sofern man nicht designierter Empfänger ist. Ein offenes WLAN ist aber ein "Broadcast", also Rundfunk im weitesten Sinne. Empfänger sind also alle, die "in Empfangsreichweite sind". Vermutlich muss man tief im
802.11-Standard suchen, bis man das irgendwo explizit so formuliert findet. Den meisten Menschen ist aber auch so klar, dass man Geheimnisse nicht über einen Marktplatz schreit.
Ist das Fernmeldegeheimnis verletzt, wenn man eine "fremde" IP nutzt? Wenn diese IP öffentlich zur Verfügung gestellt wird, wohl kaum.
Unbeabsichtigter Empfang wird dort ebenfalls behandelt.
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§148 TKG und
§44 BDSG sind lediglich "Strafvorschriften", wobei letztgenannter die "Bereicherungsabsicht" enthält.
Bliebe von meiner Seite noch
§28 BDSG zu erwähnen, der wohl wegen der allgemeinen Zugänglichkeit des WLANs anzuwenden sein könnte, aber
IANAL.
Dass ein offenes WLAN nicht mitbenutzt werden soll, kann man eigentlich aus mehreren Gründen fast ausschließen:
• Die öffentliche Berichterstattung über die Absicherung von WLANs ist umfassend, wenn nicht gar reißerisch.
• Es steht genug darüber in der Bedienungsanleitung des Routers.
• Die leidigen Urteile zur Mitstörerhaftung machen den Betrieb eines offenen WLANs für so manchen scheinbar(?) zum Risiko, auch hierüber wird umfassend berichtet.
Sinnvoll ist aber sicher ein Blick auf die SSID, so steht in
dieser Beurteilung des "Schwarzsurfens":
Etwas anderes kann lediglich gelten, wenn das Funknetz einen Namen (ESSID) trägt, der auf eine Erlaubnis der Mitbenutzung von Seiten des Betreibers schließen lässt, wie z.B. UMSONST, OEFFENTLICH, PUBLIC, USE_ME, 4FREE oder ähnliches.
Ich möchte hinzufügen, dass ich die ESSID
WLAN als Hinweis auf einen kostenlosen Zugang kenne, ebenso halte ich Domainnamen wie
netzwerksoundso.tld, die auf eine Betreiberorganisation hindeuten,
Leetspeak wie
h4ckz0rzN0Tcryptz, die Namen von Restaurants oder Örtlichkeiten, z.B.
zumSteinbock,
MeierArchitektur oder
Schillerstraße für solche. Nicht zuletzt sind die ESSIDs auch Werbung.
Es gibt viele Möglichkeiten und Interpretationsspielräume, die Verschlüsselung aber ist ein harter Fakt. Ist das Netz offen, so müsste die ESSID meiner Meinung nach schon explizit die Mitbenutzung untersagen.